Vin de Berne

Vin de Berne

1,3 Hektaren gross ist der jüngste Weinberg im Kanton. 7000 Reben stehen im Wyssloch in der Nähe des Zentrums Paul Klee. Künftig sollen 8 bis 10 Tonnen gelesen werden, was etwa 10’000 Flaschen ergibt. Später soll das gepachtete Areal gegen Westen erweitert werden. Matthias Rindisbacher, der Hobbyrebbauer Hugo Sigrist und die Architekten Silvio Ragaz und Maurus Schifferli haben das Projekt «Vin de Berne» ins Leben gerufen.

Wer in grossem Stil Wein anbaut, braucht eine behördliche Bewilligung. Matthias Rindisbacher, wie sein Vater als Architekt tätig, hat sich ganz dem Thema Wein verschrieben. Vor fast vier Jahrzehnten besuchte er an der Versuchsanstalt Wädenswil sämtliche Kurse für Hobbywinzer. Heute führt er neben dem Architekturbüro die Weinmanufaktur (www.weinmanufaktur.ch) im Kirchenfeldquartier. Hier wird er die Trauben aus dem Wyssloch verarbeiten – ein Herzensanliegen.

Wer in Berns Osten durch das Wyssloch spaziert, staunt: Plötzlich stehen da 7000 Rebstöcke in Reih und Glied wie Soldaten auf einem Kasernenplatz. Sie gehören dem 62-jährigen Architekten Matthias Rindisbacher, der sie mit Freiwilligen und seinem 28-jährigen Sohn Gregor gepflanzt hat. Der Sportwissenschaftler wird sie in Zukunft pflegen.

Im Juni kam ein Traktor mit einer Pflanzmaschine vorbei, der die Jungreben und Stickel setzte. Sieben Wochen später rammte ein Kleinbagger mit Schlagvorrichtung die Pfosten in den Boden. Nun müssen noch die Drähte gespannt werden. Das war der leichteste Teil. Was danach folgt, ist harte Arbeit. «Ein Weinberg verlangt Geduld und Beharrlichkeit», sagt Matthias Rindisbacher.

Man müsse es ertragen, Rebstock um Rebstock zu schneiden, bis die Hand schmerze. «Dann sieht man den kleinen Teil, der bereits gemacht ist, und den grossen, der vor einem liegt.» Nicht jeder bringe diesen langen Atem mit. Rindisbacher senior weiss das, weil er schon als 6-Jähriger mit den Eltern ins Tessin fuhr, um in ihrem Rebberg zu arbeiten, dazwischen aber auch mit anderen Kindern «Räuberlis» darin zu spielen.

Schon die Bibel gebraucht die Metapher vom «Weinberg des Herrn», um die Beharrlichkeit des Aufbauens und Pflegens zu illustrieren. Ein Weinberg ist aber nicht nur Mühe, sondern auch Freude. Rindisbacher senior hat vor einem Jahrzehnt einen Weinberg in Seftigen angelegt, wo er aufgewachsen ist, an einem Ort, der im Dorf «Räbeli» oder amtlich Rebzelg heisst.

Das deutet darauf hin, dass dort früher Wein angebaut wurde. Die Lese verläuft in diesen kleinen Weinbergen anders als auf den grossen Gütern, auf denen Drückerkolonnen aus Polen oder sonstwo im Akkord schuften. «Die Weinlese soll für die freiwilligen Helfer ein Erlebnis sein», sagt Matthias Rindisbacher. Es gebe ausgiebig Zmittag, Znüni und Zvieri, ein Jahresendessen – und später einige Flaschen des Jahrgangs. «Die Leute haben dann eine sehr enge Beziehung zu ihrem Wein.»

Vater und Sohn führen die Besucher durch den Rebberg in Sichtweite des Zentrums Paul Klee. Noch sind die Reben klein. Selten hängt eine Traube am Stock, säuerlich und ungeniessbar. Hinter dem Drahtzaun schauen Schafe interessiert zu. Sie wissen nicht, dass auch sie ihren Part spielen werden. Als «Rasenmäher» werden sie das Gras wegfressen, ohne den Boden zu belasten wie ein Traktor.

Wenn weniger Grünes wächst, muss weniger gemäht werden. Herbizide werden grundsätzlich keine eingesetzt, der Rebberg soll nach biologischen Grundsätzen bewirtschaftet werden. Zum Einsatz kommen die altbekannten Stoffe Schwefel und Kupfer sowie Pflanzenstärkungsmittel, um einem Pilzbefall vorzubeugen. Ohnehin ist die gepflanzte Traubensorte weitgehend resistent: eine Kreuzung mit Namen VB CAL 6-04 aus Sauvignon blanc, Riesling und einer dritten Sorte, die das Geheimnis des Züchters bleibt.

Wird es ein guter Wein? Das weiss man bei diesem Getränk immer erst, wenn man die Flasche öffnet. Matthias Rindisbacher sagt, er vermute, dass dieser Südhang schon früher bestockt gewesen sei, so wie auch der Altenberg. In der frühen Neuzeit war Wein ein Alltagsgetränk, dem Kräuter, Honig oder Birnendicksaft beigefügt wurden, weil er sonst zum Trinken zu sauer war. «Dieser Wein wird keine Fruchtbombe», sagt Matthias Rindisbacher, aber dafür mit schöner Säure, dank der er gut gelagert werden könne. Er hofft, in einigen Jahren etwa 10’000 Flaschen pro Jahr abfüllen zu können.

Wie wird das «Kind» heissen: Wysslöchler, Kleeberger, Obstberger – oder Schönberger, da am oberen Ende das Neubauquartier Schönberg-Ost beginnt? Rindisbacher senior lacht: Das Brainstorming sei noch in vollem Gange.

Er freut sich darüber, dass sein Filius während des Studiums unzählige Stunden in den Rebbergen mitgearbeitet und sich viele Kenntnisse angeeignet hat. «Zuerst war es ein Studentenjob, aber mit der Zeit faszinierte mich der Weinbau immer mehr», sagt Gregor. Seine Freundin ist Biologin und absolviert derzeit eine Winzerlehre im Neuenburgischen. «Ein schöner Zufall», findet der Vater. Auf den ersten Stadtberner Wein freut sich Matthias Rindisbacher jetzt schon, denn beim Riesling lässt sich das Terroir besonders stark herausschmecken. (Markus Dütschler im “Der Bund” vom 2.10 2017)

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